· 

Resilienz-Training - was ist das?

Als Coach und Trainerin liegt mir ein Thema ganz besonders am Herzen: Meine Kunden und Klienten in der Entwicklung ihrer persönlichen Resilienz zu unterstützen. Das führt immer wieder zu erstaunten Gesichter, denn oft werde ich zunächst gefragt: Was ist denn das, "Resilienz"? Wie kann etwas so wichtig sein, wovon ich noch nie gehört habe?

Kurz formuliert ist Resilienz ein Begriff für die Fähigkeit unserer Psyche, schwierige Umstände, persönliche Krisen und belastende Veränderungen nicht nur psychisch gesund zu überstehen, sondern auch immer wieder und weiter daran zu wachsen.

 

Für den Alltag mindestens genauso wichtig ist dabei: Psychische Resilienz schützt uns vor Stress und macht unser Leben dadurch dauerhaft gesünder, glücklicher und somit sicher auch erfolgreicher.

Und das Beste ist: Resilienz lässt sich trainieren! Das lohnt doch einen genaueren Blick, oder?

 

Zunächst Verstehen: Was bedeutet "resilient"?

Auch wenn "resilient" ein bisschen wie "resistent" klingt - es ist doch etwas ganz anderes. Denn es geht gerade nicht darum, die Dinge nicht an sich heranzulassen und innerlich hart und unbeeinflusst zu bleiben. Genau wie das Wort "Stress" kommt das Wort "Resilienz" (Lateinisch "resilire" - zurückspringen, abprallen) ursprünglich aus der Physik, genauer gesagt der Materialkunde: Beispielsweise sind Schaumstoffe oder technische Federn resilient, sie geben bei Belastung nach, finden danach aber unbeschadet zu ihrer ursprünglichen Form zurück. Sie sind also stresstauglich.

Auf den Menschen übertragen ist aber noch weit mehr damit gemeint: Resiliente Menschen sind "Stehaufmännchen", die außerdem mit jeder Krise dazulernen und aus der Erfahrung ein Gefühl der Stärke und Selbstwirksamkeit mitnehmen. Auch sie sind also nicht gegen Stress gefeit, nehmen davon aber nicht so leicht Schaden und wachsen im besten Fall sogar daran. Wie machen sie das?

 

Vier Grundhaltungen der Resilienz

Was resiliente Menschen ausmacht, ist auf vielfältige Weise untersucht, beobachtet und beschrieben worden. Die ausschlaggebenden inneren Grundhaltungen fallen - wenn auch oft anders formuliert - in die folgenden vier Bereiche:

  • Optimismus (Positiv-Fokussierung), also eine ausgeprägte Bereitschaft, positive Aspekte zu erkennen und Möglichkeiten wahrzunehmen,
  • Akzeptanz, d.h. die Fähigkeit, Unabänderliches als solches anzunehmen,
  • Lösungsorientierung im Sinne einer Orientierung weg vom Problem und hin zur zielgerichteten Lösung sowie
  • Beziehungsgestaltung, d.h. die Grundhaltung, aktiv Teil einer Gemeinschaft zu sein, dort Sinn zu finden und z.B. Hilfe bekommen und geben zu können.

Im Resilienz-Training füllen wir diese Begriffe mit praktischer Bedeutung für Ihre persönliche Herangehensweise und Ihren Kontext. In vielen konkreten Übungen bekommen Sie Gelegenheit, Ihre individuellen, lebensnahen Umsetzungsstrategien zu entwickeln und finden dabei rasch zu erstaunlich hilfreichen neuen Denkgewohnheiten. Und wenn Sie im Alltag mal wieder feststecken, haben Sie mit diesen vier Grundhaltungen einen schönen "LABO-R-Check" für Ihre Resilienz an der Hand.

 

Resilienz wirkt gegen Stress

Resilienz ist auf vielfältige Weise wirksam gegen Stress:

  • Weniger Stressmomente: Durch den Fokus auf das Positive und die Fähigkeit, Hinderliches zu akzeptieren, werden widrige Umstände oder Erlebnisse oft gar nicht erst als Stressoren empfunden - der Blick verweilt ja nicht auf dem Problem!
  • Selbstwirksamkeitserwartung: Auf einer zweiten Ebene empfinden sich resiliente Menschen als hoch selbstwirksam und trauen sich zu, im Umgang mit Widerständen, Ärger und Rückschlägen erfolgreich Lösungen zu finden - auch das reduziert den Stress!
  • Selbstregulation: Erwischt sie dennoch die natürliche Stressreaktion mit akuten Symptomen wie Herzklopfen, rotem Kopf, Hektik und Tunnelblick oder dauerhafter Anspannung, sind sie relativ gut in der Lage, gezielt gegenzusteuern und mit klarem Kopf wieder Herr der Lage zu werden.
  • Netzwerk: Nicht zuletzt stehen resiliente Menschen nicht alleine da: Sie haben ein gutes Netz an Beziehungen und können somit auf sowohl praktische als auch seelische Unterstützung bauen. Dass positive soziale Kontakte schon auf physiologischer Ebene stark stressreduzierend sind, lässt sich sogar bei Tieren eindeutig nachweisen.

Resilienz-Training dient also gleich auf mehreren Ebenen der Stress- und Burnout-Prävention und hat daher im privaten wie im Business-Bereich weit verbreitete Anerkennung gefunden.

 

Resilienz - ganz wesentlich eine Frage der inneren Haltung

Was braucht es nun, um resilienter zu werden? Was müssen oder können wir trainieren, um unsere Resilienz zu stärken? Wie wir oben gesehen haben, sind es unsere "inneren Grundhaltungen", also etwas, was viele von uns intuitiv als nicht "erlernbar", sondern eher als Teil unserer Persönlichkeit und Identität betrachten. Ob wir eher z.B. gewissenhaft oder eher unbeschwert sind, ob wir vertrauensvoll auf Menschen zugehen oder lieber erst mal abwarten - oft sagen wir darüber: So bin ich halt.

In der Tat geht man heutzutage davon aus, dass unsere Persönlichkeit - z.B. charakterisiert nach dem "Big Five"-Modell - zu rund 50 Prozent angeboren ist. Und sind wir darüber hinaus nicht so, wie wir sind, weil wir das im Laufe unseres Lebens selbstbestimmt und aufgrund von Erfahrung so gewählt haben? Hier gilt es also zunächst einmal, sich spielerisch auf das Experiment einzulassen: Kann ich meine innere Haltung wählen, und wenn ja, was macht das mit mir? Hilft es mir, und - mindestens ebenso wichtig - passt es zu mir?

Meiner Erfahrung nach ist die Antwort der meisten Menschen, die sich dieser Erfahrung stellen: Oh ja. Ich entdecke wunderbares Neues, komme in Kontakt mit meinen Zielen und Bedürfnissen und finde viel mehr zu mir selbst.

 

"Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen ..."

... sondern unsere Sicht der Dinge." Dieses Zitat ist fast 2000 Jahre alt und geht zurück auf den griechischen Philosophen und ehemaligen Sklaven Epiktet.

Auch wenn wir für diese Sichtweise meist nicht besonders offen sind, wenn wir gerade mit schwerwiegenden Problemen zu kämpfen oder schwere Schicksalsschläge erlitten haben, liegt hierin doch ein wesentlicher Schlüssel zur Resilienz: die Möglichkeit der Wahl der inneren Haltung, der Perspektive auf die Dinge und somit auch der Entschluss zur inneren Selbstbestimmtheit. Daher findet sich diese Weisheit in der ein oder anderen Form auch in vielen Kulturen und Zeitaltern wieder, z.B. in Shakespeares Hamlet ("Denn an sich ist nichts weder gut noch böse, das Denken erst macht es dazu").

Aber machen wir uns mit dem "Dreh der inneren Haltung" nicht nur was vor und lullen uns ein mit Schönrednerei? Wenn Sie sich mit Resilienz näher beschäftigen, werden Sie bald merken: Ganz gewiss nicht - im Gegenteil, wir gewinnen neue Kraft und entdecken erweiterte Handlungsspielräume. Dass dies auch der Überprüfung im wahren Leben standhält, zeigt auf dramatische Weise das Beispiel von Viktor Frankl, einem Psychiater österreichischen Ursprungs, der die Unmenschlichkeit des Konzentrationslagers am eigenen Leib erfuhr. Er durchstand dies u.a. dadurch, dass er innerlich dem Erlebten Sinn gab: Er würde in der Zukunft Vorlesungen über die Auswirkungen des Lagers auf die Psyche halten. Basierend auf dieser realen Erfahrung bezeichnete der später berühmt gewordene Frankl die Wahl der Einstellung zu den Dingen als "die letzte der menschlichen Freiheiten". 

Große und kleine Herausforderungen

Nicht jeder von uns ist ein Viktor Frankl, ein Nelson Mandela oder auch eine Angela Merkel, die trotz erheblicher Belastungen und Herausforderungen Großes leisten; das muss nicht jeder können. Auch unser "normales" Leben konfrontiert uns ständig mit großen und kleinen Krisen. JobverlustTrennung oder Verlust eines geliebten Menschen sind nachweislich schwer belastende Ereignisse und treffen wohl fast jeden früher oder später, leider oft auch mehr oder weniger gleichzeitig. 

Doch auch ohne solch klar benennbare Einschnitte sind wir laufend gefordert, die ständigen Konfrontationen, Rückschläge und Veränderungen des Alltags zu bewältigen und unsere Rolle zu finden - misslingt uns das, nagt das an der ersehnten Lebensfreude und der Suche nach Sinn und führt im schlimmsten Fall in Burnout oder Depression.

Die großen und kleinen Krisen selbstbestimmt anzugehen, sie psychisch gesund zu überstehen und der Bewältigung dabei auch Positives abzugewinnen, das ist die Kunst der Resilienz. Und die erwerben wir uns im Laufe unseres Lebens, im Großen und im Kleinen - und durch gezieltes Training.

 

Und wie lässt sich das dann trainieren?

Die eigene innere Haltung zu ändern erfordert vor allem eins: Überzeugung. Daher gilt es zunächst einmal, die vier inneren Grundhaltungen (Lösungsorientierung, Akzeptanz, Beziehungsorientierung, Optimismus  > LABO-R) alltagsnah mit persönlich als positiv empfundener Bedeutung zu füllen - es muss klar sein: Eine positive innere Haltung ist mein Ziel!

 

Hilfreich ist dabei, dass Resilienz auch wissenschaftlich gut untersucht ist: Zahlreiche Studien aus Positiver Psychologie, Neurobiologie und vielen anderen Bereichen beschreiben überzeugend, wie und warum Resilienz-Training wirkt. Das motiviert und lässt uns gezielter und bewusster üben.

 

Drei praktische Schritte machen uns stetig ein bisschen resilienter

Dann geht es also an die "tägliche Arbeit": einen sanft aufwärts strebenden Zyklus von SelbstwahrnehmungSelbstreflexion und Selbstwirksamkeit:

  • Was nehme ich wahr, seien es Gefühle, Emotionen, Gedanken? Wie ist mein innerer Zustand?
  • Was macht das mit mir und meinen Gedanken? Welche innere Haltung wäre jetzt hilfreicher? Welche Ideen habe ich dazu?
  • Wie setze ich das wirksam um, in ersten kleinen, gerne experimentierenden Schritten? Und - hier schließt sich der Kreis - wie nehme ich mich jetzt wahr, was habe ich erreicht?

Ich nenne das - nach den Anfangsbuchstaben der Worte - ein bisschen scherzhaft das "WahRe Wir": Es hilft uns, zu uns selbst zurückzufinden, zu dem, was wir als Mensch in unserer Wesensart und als Individuum spüren, anstreben und brauchen. Damit das gelingt, bekommen Sie für jeden dieser Schritte hilfreiche Ideen und Übungen an die Hand.

 

Resilienz bedeutet auch: Selbstfürsorge!

Lösungsorientierung, Selbstwirksamkeit ... - all das braucht natürlich eine Richtung. Wo will ich hin, was tut mir gut, was sind meine Ziele? Um das zu erkennen, geht es im Resilienz-Training auch um den gesunden Kontakt zu unseren psychischen Grundbedürfnissen (zum Artikel). Denn letztendlich bedeutet resilient zu sein auch: gut für sich selbst zu sorgen. Sind wir selbst stabil, können wir auch besser für andere da sein.

 

"Das WahRe Wir im LABO-R": Wir experimentieren, entwickeln uns, lernen dazu, im Alltag und in der Krise, um nachhaltig seelisch gesund und gestaltungsstark in der Gemeinschaft wir selbst zu sein.

 

Fazit

Resilienz bezeichnet die Fähigkeit, Krisen, Belastungen und Wandel psychisch gesund zu überstehen und sogar daran zu wachsen. Wir entwickeln sie im Laufe unseres Lebens, können sie aber auch gezielt trainieren.

Resilienz-Training stärkt unsere Stresskompetenz, macht uns handlungsfähiger und verleiht uns einen insgesamt positiveren Blick aufs Leben - gute Voraussetzungen für bessere Gesundheit, mehr Glücksgefühle und persönlichen Lebenserfolg! Da versteht sich von selbst: Das macht auch Spaß und verbessert die Beziehungen zu unserer Umwelt.

 

Tipps für Ihren Alltag

  • Halten Sie öfter mal kurz inne und prüfen Sie Ihre innere Haltung: Könnten Sie Ihren Blick im eigenen Interesse mehr auf das Gute und die Chancen richten? Gibt es Unangenehmes, das Sie loslassen und sich anderen Lösungen zuwenden könnten? OptimismusAkzeptanz und Lösungsorientierung verbessern unsere Lebensqualität und sind eine wichtige Basis für Erfolg.
  • Lassen Sie andere Menschen nicht außen vor und pflegen und gestalten Sie Ihre Beziehungen, auch wenn es mal Zeit und Energie kostet. Gesunde Beziehungen - gleich ob privat oder beruflich - sind eben genau das: gesund! Und genießen Sie es ruhig mal, sich helfen zu lassen, es tut dem anderen mindestens genauso gut!
  • Wenn Ihnen Richtung oder Motivation fehlt oder Sie sich oder andere nur schwer verstehen können, erinnern Sie sich an die vier psychischen Grundbedürfnisse (zum Artikel) - oft löst sich da mit einem "Aha!" ein Knoten.
  • Wahrnehmen, reflektieren, wirksam werden - in kleinen Schritten werden Sie allmählich große Veränderung erreichen. Kurze Spaziergänge, Yoga- oder Meditationspraxis oder kleine Achtsamkeitsübungen sind dazu sehr hilfreich. Und wenn Sie Ihre persönlichen Lieblings-Resilienzgedanken gefunden haben: Machen Sie sie sichtbar, wiederholen Sie sie innerlich - und genießen Sie ein Lächeln des Erfolgs, wenn sie hilfreich zur Anwendung kommen!

Übrigens: Hilfreiche resiliente Gedanken für den Alltag finden sich quer durch alle Kulturen in Sprichwörtern, Redensarten und Philosophie. Eine kleine bebilderte Sammlung dazu finden Sie hier.